Klangkunst als künstlerische Interaktion von Kunst und Musik

An einer Hochschule für Musik dreht sich (fast) alles um die Musik und die Welt der Töne. In Mainz verbindet sich diese Welt mit der bildenden Kunst zu einer besonderen Form von Kunst – nämlich Klang-Kunst. Der Masterstudiengang Klangkunst-Komposition ermöglicht seit 2010 erstmalig an einer deutschen Musikhochschule den Erwerb eines „Master of Music“ auf diesem Gebiet.
Prof. Peter Kiefer, Initiator und Leiter des Studiengangs, berichtet von den ersten Jahren eines erfolgreichen Experiments.


Foto: Martina Pipprich

Bildinfo:
„resonate“, eine Licht-Klang-Installation bei der „Luminale“ Frankfurt 2012 (Foto: Martina Pipprich)
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Der Begriff Klangkunst, im Englischen „Sound Art“, wurde in der Mitte der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts vom amerikanischen Künstler und Musiker Max Neuhaus geprägt. Und obwohl inzwischen auf gut 50 Jahre der Klangkunst zurückzublicken ist, wird sie in der Kunstlandschaft immer noch als neues Phänomen verstanden und ist noch nicht vollständig in den Kanon der Künste aufgenommen. Das erinnert an die Geburtswehen von Fotografie oder Videokunst, bei denen der Prozess einer Etablierung und Anerkennung als Genre ebenso lang dauerte.

Seit aber im Jahr 1996 die Akademie der Künste in Berlin ihren 300jährigen Geburtstag mit einer über die ganze Stadt verteilten Klangkunst-Ausstellung begangen hat, findet sich Klangkunst vermehrt in Festivals, Galerien, Museen – und auch im öffentlichen Raum wieder. Die ausübenden Künstlerinnen und Künstler der Klangkunst kommen aus beiden Richtungen – aus der bildenden Kunst und der Musik. Eine theoretische Beschäftigung mit der Klangkunst erfolgt hingegen hauptsächlich von Seiten der Musik, wie die bahnbrechenden Arbeiten der Musikwissenschaftlerin Helge de la Motte, die Doyenne der Klangkunst, eindrucksvoll belegen.

Doch worum geht es eigentlich? Der Begriff „Klangkunst“ bezeichnet die intermedialen Kunstformen, in denen Klänge mit anderen Künsten und Medien zu einem Kunstwerk – manchmal sogar einem Gesamtkunstwerk – verschmelzen. In der künstlerischen Realisierung entstehen so Arbeiten, die sich aufgrund des unterschiedlichen Zusammenspiels von Klang, Raum, Zeit, Bewegung und Form in einem Spektrum von statischer Skulptur bis szenischer Performance präsentieren.

Der Studiengang Klangkunst-Komposition der Hochschule für Musik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist in seiner Art einmalig an einer deutschen Musikhochschule und somit ein Alleinstellungsmerkmal, was durch eine externe Evaluierungskommission besonders hervorgehoben wurde. Der Studiengang basiert auf den neuesten Entwicklungen eines intermediären Musik- und Kunstverständnisses. Hier fokussieren sich Strömungen der Neuen Musik, der elektronischen Komposition, der Klangkunst, der audiovisuellen Kunst und der radiophonen Kunst, der Ars Acustica, zu einer thematischen Einheit.

Auf höchstem künstlerischem Niveau werden kompositorische Ansätze mit Schwerpunkt auf verräumlichenden und intermedialen Kompositionsstrategien erforscht und weiterentwickelt. Es entstehen Klangskulpturen, Klanginstallationen, Raumklangkompositionen, performative Konzepte oder medienkünstlerische Arbeiten, wie zum Beispiel die Synestizer-App von Kaspar König (s. rechte Spalte ).

Bei diesen heterogenen Themen ist es nur konsequent, dass das Studium gleichermaßen für Künstlerinnen, Künstler, Musiker und Musikerinnen offen ist – es können sich sogar Studierende anderer Fächer bewerben, die sich künstlerisch mit dem Bereich der Klangkunst-Komposition intensiv auseinandersetzen möchten. Das Studium ist stark projektorientiert und interdisziplinär angelegt und individuelle Kenntnisse sollen und können eingebracht und erweitert werden.

Der noch relativ junge Studiengang kann bereits auf hochinteressante Projekte zurückblicken: So wurde in der Bundesgartenschau 2011 in Koblenz ein Klangpark umgesetzt, der sich zu einem beliebten Ruhepol für viele der insgesamt 3,5 Millionen Besucher entwickelt hatte. Ein weiteres Großprojekt war die Kooperation mit dem Gebiet „Kommunikation im Raum“ der Fachhochschule Mainz. In dem Projekt „resonate“ wurde zunächst das Innere eines Containerbootes in einen interaktiven Klang-Licht-Raum verwandelt: Die Besucher konnten in einem Netz leuchtender Linien durch ihre Bewegungen atmosphärische Klänge und Strukturen erzeugen. Dieses auf der „Luminale“ in Frankfurt gezeigte Projekt wurde dann in das weltweit renommierte Zentrum für Kunst und Medientechnologie nach Karlsruhe eingeladen und war in der Ausstellung „Sound Art“ von September 2012 bis März 2013 im so genannten Glaskubus zu sehen. Museumsleiter Peter Weibel sprach zur Eröffnung von einer Erweiterung des klassischen Instrumentalbegriffs im Sinne einer für alle spielbaren „Metagitarre“. Im Frühjahr 2014 wurde gemeinsam mit der Kunsthochschule Mainz in Trier eine dreiwöchige Klangkunstausstellung für das Festival OPENING realisiert, in dem zehn Künstlerinnen und Künstler ihre Arbeiten zum Thema Klang und Raum präsentierten.

Neben künstlerischen Projekten ist dem Studiengangleiter Prof. Peter Kiefer die Beteiligung der Studierenden am theoretischen Diskus besonders wichtig. So ist er Herausgeber des Buches „Klangräume der Kunst“ im Kehrer Verlag und hat Forschungsprojekte im Kontext „Klang und öffentlicher Raum“ und „Klang und Intermedialität“ durchgeführt.

Kunst und Forschung zeigen so nachhaltig, dass Mainz sich zu einem der tragenden Standorte der Klangkunst in Deutschland entwickelt hat.

Mehr Information über die Abteilung für Klangkunst-Komposition finden Sie unter www.klangkunst.hfm-mainz.de.

Studieninfo:
Studiengang Klangkunst-Komposition (M.Mus.)
Abteilung Klangkunst/ Komposition/ Neue Musik/ Neue Medien

Die Licht- und Klanginstallation „resonate“ ist eine Kooperation des Innenarchitektur-Masterstudiengangs „Kommunikation im Raum“ der FH Mainz Gestaltung und mit dem Masterstudiengang „Klangkunst-Komposition” der Hochschule für Musik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.


Foto: Martina Pipprich

Nicola Hein - Play-station 4200
bespielbares Klangobjekt aus Tisch, Metallrahmen, Saiten, Tonabnehmer und Kopfhörern